Willkommen zurück bei unserem kleinen Podcast. Die kreative Sommerpause hat ergeben, alles zu lassen, wie es ist, eine Entscheidung, die an den deutschen Aktienmärkten ignoriert wurde. Gegen den Strich daher auch gleich die Themenauswahl für diese heiße Woche: Schnee und Corona. Zwei Dinge, die im Moment weit weg scheinen, aber der Moment, das wissen wir auch, ist flüchtig. Außerdem sollte man sich regelmäßig erinnern, wie etwas früher gewesen ist, bevor man sich neue Illusionen darüber macht. Frisch aufgetaut hören wir diese Woche das Schnee-Epos ‘White Wedding’ von Heiko Werning.

Hat das schon mal jemand herausgefunden, wie das genau funktioniert mit dem Fortschritt? Zwei Schritte vor, einer zurück, oder doch in aufsteigenden Spiralen? Oder ruckartig? Gibt es vielleicht Gegenspieler (Rückschritt oder Stillstand) und wie müsste man sie sich als Superhelden vorstellen? Ist es ein Tanz? Fragen, die sich nicht nur in großen Zusammenhängen stellen, sondern auch im eigenen Kiez: Wann wird der U-Bahnhof Seestraße endlich fertig? Die einen sagen, es gehe planmäßig voran, aber die, die ihn täglich benutzen, sehen nichts davon. Einer davon bin ich (Frank Sorge), der im letzten Jahr Zeuge einer Veränderung wurde.

Wir lesen nicht nur im Haus der Sinne, wir schreiben auch für alle Sinne. Nicht in jedem Text zugegeben, aber in manchen besonders. Als Beispiel soll ein Dialog dienen, der sich in unserem Archiv in einer Mottenkiste mit der Aufschrift 2012 befand. Er ist von unserem ehemaligen Brauseboy und verlorenen Sohn Paul Bokowski und heißt ‘Berlin stinkt’.

Mit der Ruhe auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist jetzt langsam wieder Schluss, kein Mietenstopp mehr, keine Deckel, keine Pandemie. Zu jeder neuen Eigentumswohnung gibt es außerdem einen Parkplatz und ein Deutschlandticket dazu, aber nur, wenn man noch schnell einen Verbrenner kauft. Beinahe mystisch wirken da die alten Geschichten rund um leer stehende Mietwohnungen, wie wir sie immer geschrieben haben. Die aktuellste und womöglich auch letzte authentische Geschichte über freien Wohnraum in Berlin hören wir jetzt von Robert Rescue. Aufgenommen an einem lauen Open-Air-Sommerabend im Windlicht der Kufa Moabit.

Wenn es um Pointen im Humorbusiness geht, liefert die Deutsche Bahn fast so viele Vorlagen wie IKEA. Der schwedische Möbelhaus hat etwas mit den Deutschen gemacht, das bis heute nicht ganz verstanden ist. Aus heutiger Sicht war es disruptiv, es zerstörte alte Strukturen in Eiche rustikal, man spottete über die Qualität, aber es lockte gleichzeitig die Heimwerker, Höffner, Hütter und alle konnten einpacken. Das Bällebad steht bis heute quer zur deutschen Seele. An Kinder zu denken, das kann offenbar nur Schweden einfallen, wir denken hier lieber an was anderes, wenn wir Karstadt sanieren oder neue Passagenbunker bauen. Im IKEA jedenfalls spielt ein echter Klassiker der Enthüllungsliteratur von Thilo Bock.

Mehr als die Hälfte unserer Stammbesatzung wohnt im Afrikanischen Viertel, wo die deutsche Kolonialgeschichte aktuell durch Umbenennungen von Straßen im Gespräch ist. Sonst denkt man eher selten daran, dass es eine Geschichte gab. Sehr viel präsenter ist sie jedoch zum Beispiel in Namibia, wie Heiko Werning von einer Reise im letzten Jahr berichten kann. Zur Einstimmung vor dem Text ein Zitat aus der BILD-Zeitung über einen Besuch von Wirtschaftsminister Habeck kurz zuvor.

Familienbesuche an Ostern gehören zu den traditionellen Gepflogenheiten dieses Landes, üblicherweise mit viel Essen, Herumsitzen und Faulenzen. Nicht so bei Familie Surmann im Teutoburger Wald, jedenfalls nicht in diesem Jahr. Denn es gibt Dringendes zu erledigen, für den Wald, für die Welt, für das Klima.

In diesen Zeiten kann man vieles leugnen, aber dass Ostern ein religiöses Fest ist, vergisst man einfach so. Zu Weihnachten gibt es immerhin noch die, die nur zu Weihnachten in der Kirche sind, einmal im Jahr halt, also nicht zu Ostern. Außerdem finden Osterfeuer und Gottesdienste gerne zu nachtschlafender Zeit statt, was ein unpassendes Konzept für moderne Netflix-Familien ist, auch für Berliner allgemein. Bei allem üblichen Spott, den wir bei diesem Thema pflegen, unterschätze man jedoch nicht, dass wir bei den Brauseboys durchaus bibelfest sind, was sich immer wieder in einzelnen Geschichten zeigt. Zum Beispiel in dieser von Frank Sorge, der Text heißt ‘Intelligenz wird überschätzt’.

Das Internet hat die Welt verändert, auch wenn sie von außen kaum anders aussieht als davor. Aber in unseren Köpfen ist etwas passiert, man nennt es womöglich ‘Vernetzung’. Es kam auch eine ganz neue Welt dazu, die digitale, immer mehr schwappt sie rüber. Herausforderungen und Chancen dieser Zeit kennt auch Thilo Bock, den wir in dieser Woche endlich aus Italien zurückbekommen. Hier in diesem Text vergibt er Sterne - aber keine für Kathleen.

Wir kommen in ein Alter, in dem man immer häufiger nostalgisch ist. Was daran liegt, dass es immer mehr gibt, was man Vergangenheit nennt. In dieser Woche, weil mir so nostalgisch zumute war, habe ich mich in die hinterste und letzte Ecke des Archivs gewühlt, um eine möglichst frühe Aufnahme zu finden, nah an unserer Gründung. Da entdeckte ich in einem fein verschnürten Zigarrenkistchen, in Seide gewickelt, eine passende Datei von 2005, aus unserem ersten Auftrittsort, dem Laine-Art. Ein Text von Hinark Husen, der in den ersten Jahren mit uns gelesen hat.

Wir lesen gerne kurze, lustige Texte vor, bei uns Brauseboys und auch bei allen anderen Bühnen des gleichen oder ähnlichen Formats. Aber das heißt nicht, dass wir nicht auch andere Sachen schreiben. So hat Robert Rescue in seinem Hexenroman vor einigen Jahren sein besonderes Gespür für übernatürliche Vorgänge belegt und wir warten geduldig auf eine Fortsetzung. Im folgenden Text deutet sich an, dass unser Warten demnächst ein Ende haben könnte.

Es naht der zwanzigste Geburtstag unserer wöchentlichen Lesebühne, ist das zu glauben? Ich finde erstaunlich an der Vergangenheit, dass sie sich immer weiter verändert, obwohl sie schon vorbei ist. Denn lückenhafter wird die Erinnerung, die Köpfe sortieren aus, werfen zusammen, in jedem von uns ganz anders. So ungefähr stelle ich mir das vor, wenn Physiker von Paralleldimensionen sprechen, und je weiter sich zum Beispiel die eigene Jugend von einem entfernt, desto undeutlicher wird sie in Zeit und Raum wie eine davonfliegende Galaxie. Zurück kommt sie jedenfalls nicht mehr, es ist also gut, Dinge aufzuschreiben, wie Volker Surmann, der uns hier von seiner Jugend berichtet.

Dieser Winter endet für viele, wie er begonnen hat, mit einer Krankheitswelle, ganz klassisch, denn egal welche Schutzmaßnahmen draußen gelten, innerhalb einer Familie gibt es kein Entrinnen. In diesem Sinne wiederholen wir heute den Text ‘Familiäres Sanatorium’ von Frank Sorge, der nicht ganz zufällig ich selbst bin. Manche unserer Texte sind schnell von der Zeit überholt, aber ich denke, bei diesem hier steht die Konklusion wie in Granit gemeißelt.

Es gibt den Sturm der Entrüstung, den Sturm der Liebe, den Sturm auf die Schützengräben und nicht zuletzt den Sturm, der einfach Sturm ist, also Wetter. Vor ziemlich genau einem Jahr traf es uns ganz persönlich, wovon Thilo Bock in dieser Folge eindringlich erzählt. Die Aufnahme ist aus unserem letzten Jahresrückblick, bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei Michael Pohlers und Richard Günther für diversen technischen Support bei diesem Podcast bedanken. Danke schön!

Im Namen des Luf und der Dezibel arbeiten wir mit Nachdruck an der tonalen Perfektion dieses neuen Podcasts. Da sitzt man auch mal des nachts im Schein der Arbeitsleuchte am Schreibtisch wie unsere Bürgermeisterin auf den Plaketten zur Nachwahl. Von ihr handelt auch unser Text dieser Woche, und wie es überhaupt dazu kam - aus aktuellem Anlass wiederholen wir den Text Wahlwiederholung von Heiko Werning.

In der Pilotfolge unseres Podcasts berichtet Robert Rescue von einer Zeit, als er noch im Weddinger Kulturverein Klappstuhl e.V. Tresenschichten machte.